1. Internationales Spiel vom Schweriner FC 03 gegen den nordholländischen Pokalmeister Velocitas-Groningen
Ostern 1925 – Für Provinzmannschaften, wie es Schwerin 03 nun einmal ist, bedeutet es immerhin ein großes Wagnis, eine ausländische Mannschaft zu verpflichten, denn jedermann weiß, daß derartige Spiele mit außerordentlichen Unkosten belastet sind. Mißglück der Versuch – ist es beispielsweise schlechtes Wetter – so kann im Geldbeutel ein Loch entstehen, daß nicht so leicht wieder auszuflicken ist. Aber 03 hatte entgegen seinen letzten Spielabschlüssen Glück, Petrus zeigte ein freudestrahlendes Gesicht. Er hatte hierzu auch allen Grund, denn das Spiel bracht viel des Guten. Wohl waren die Leistungen der Gäste in spielerischer Hinsicht nicht die erwarteten, denn von einem in bester Position stehenden holländischen Gegener hatte man in dieser Beziehung mehr erwartet, aber sonst boten die Holländer ein Musterspiel. Vorbildlich war die überaus faire Spielweise der Mannschaft, die den berechtigten Wunsch enstehen ließ, hier immer solche Mannschaften zu sehen: mustergültig und gerade hier ein vorzügliches Beispiel: Die Disziplin der Elf. Kein unrechtes Wort, kaum ein Zuruf zur Orientierung ließ das Spiel fast unter lautloser Stille vor sich gehen. Erfreulich, nach den letzten Spielen 03´s sogar höchst erfreulich, war das überraschend gute Spiel dieser Mannschaft. Es ist eine offene Frage, ob das Zusammenspiel des Sturmes, ob die Abwehrarbeit der geamten Deckung höher zu bewerten waren. Unbefangen, schnell am Ball, glänzendes Sichverstehen in der gesamten Mannschaft, lieferte die Elf ein Spiel, mit dem sie gegen jeden Gegner bestehen kann. Wir hätten die Mannschaft gern in derselben Verfassung, besonders was die Unbefangenheit anbetrifft, im Spiel gegen Altona sehen mögen. Das Spiel wäre zu einem Höhepunkt geworden. Am Ende gewinnt der Schweriner FC 03 sein erstes internationales Spiel mit 4:0 (2:0). Ein Beispiel für die in jeder Rede betonte Unterstützung des Sportes durch die Behörden bildete aber auch die Vorgeschichtes dieses Spieles. Gelegentlich der Platzeinweihung von Schwerin 03 betonte der Vertreter des Kultusministerium, daß der Wert des Sportes auch dort anerkannt würde, und daß seitens des Ministeriums alles getan werden müßte und auch getan werde, dem Sport seiner Bedeutung entsprechend Unterstützung angedeihen zu lassen. Wie die behördliche Unterstützung aussieht, dokumentiert am besten die Vorgeschichte dieses Spieles. Es besteht hier in Mecklenburg eine aus dem Jahre 1906 stammende landesherrliche Verordnung, nach der öffentliche Veranstaltungen, wie Pferderennen, Segelwettfahrten usw. (unter dieses usw. fällt neuderdings auch das Fußballspiel), also Veranstaltungen, welche durch ruhestörenden Lärm die äußere Heilighaltung der Sonn- und Feiertage stören könnten, verboten sind. Ein besonders Gesetzeskundiger hatte diese Verordnung nach sechsjähriger Ruhepause wieder aufgestöbert und wollte ihre Anwendung für die bevorstehenden Festtage bereits wissen. Lange Verhandlungen hin und her. Das schließliche Ergebnis war das, daß infolger der Vorbereitungen die Veranstaltungen in diesem Falle noch ausnahmsweise geduldet werden sollten, mit der Einschränkung, daß Zutritt nur solchen Personen gestattet werden sollte, die sich durch Vorzeigen ihrer Mitgliedskarte als einem Sportverein zugehörig auszuweisen imstande seien. Da Spiele in Schwerin, Rostock und Wismar bekannt waren, wurden die Polizeibehörden dieser Städte entsprechend instriert. Ob aber die Polizei die Kontrolle in der vorgeschriebenen Weise ausgebübt hat, möchten wir, was Schwerin anbetrifft, wohl sehr bezweifeln, denn die 3000 Personen, die dem Schweriner Spiel beispielsweise beiwohnten, hatten sicher nicht alle ihre Mitgliedskarten bei sich. Natürlich gibt es in dieser Hinsicht einen Kampf bis aufs Messer, denn wenn ein solches Gesetzt von bestand bleibt, ist es nicht der Förderung des Sportes, sondern Unterdrückung in krassester Form. Mecklenburg voran in Deutschland, wir glauben nicht, daß andernorten solche Bestimmungen bestehen, und wenn sie bestanden haben sollten, noch jetzt Anwendung finden.